Kunsthaus Orplid


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Augenglück

Anmerkungen zur Ausstellung Ruth Kohler: Intuition und Reflektion


Aufgepasst beim Stehenbleiben, Schauen, Abtauchen: Denn diese Bilder dehnen die Zeit.
Jene flüchtigen Augenblicke, die man Bildern schenkt, wenn man sie in einer Ausstellung betrachtet, weiten sich hier aus zu kleinen Ewigkeiten. Und jedes Bild ist dabei ein eigener Rundgang durch Sein und Werden, Öffnung und Veränderung.
Die Arbeiten der Münsinger Künstlerin Ruth Kohler, die hier zu sehen sind, zählen dabei zu den bedeutenden Zeugnissen heutiger abstrakt-expressiver Malerei. Sie haben somit keinen sichtbaren gegenständlichen Bezug und ihre Wirkung erzielen sie aus der ganzen Breite der koloristischen Klaviatur. Doch leider ist die reichlich bemühte Schublade vom abstrakten Expressionismus oft auch Unkenrufen ausgesetzt. Werfen wir also Brand ins Boot: Kann das nicht jeder? Kann er eben nicht! Denn Ruth Kohler ist eine der wenigen, die der überbeanspruchten informellen Malerei stete Bewegung, Berechtigung und Substanz geben. Diese Substanz nährt die ehemalige Meisterschülerin der Münchner Kunstakademie zum einen aus ihrem Handwerk. Die vermeintlich willkürlichen Pinselstriche erweisen sich bei genauerem Hinsehen als bewusst gesetzte Farbkaskaden. Ihre Öl- und Acrylgemälde sind brillante Kompositionen aus Flächen und Farben, Dialoge zwischen Schwere und Leichtigkeit, Wahrnehmung und Reflektion, angetrieben von den Windmühlen einer vielschichtig rezeptiven Persönlichkeit. Erst in der gekonnten Farbrhythmik der Bilder erhält der Raum neue Lebendigkeit. Wie mäandernde Flussläufe durchziehen beispielsweise Pinselschwünge die Leinwand und reflektieren eine aus dem Bildinneren hervorgleißende Helle. In einem anderen Werk durchbrechen rote Anklänge eine dunkle Ebene wie glühendes Graumoos. Sprühende Farbkaskaden fallen schließlich in einem dritten Bild herab und scheinen in der Tiefe zu explodieren, so dass sich der ganze Raumkörper in einen farbdurchfluteten Kosmos wandelt. Auch wenn Ruth Kohler hier gar nicht mehr gegenständlich malt, kann sich der Betrachter kaum dagegen wehren, dass vor seinen Augen Formen entstehen. Flächen fügen sich zu schroffen Landschaften, schmale Striche und Linien tanzen ballettös miteinander oder flirrt der ständige Wandel hinter stählernen Formen. Farben überlagern sich, verstärken und ergänzen sich, bilden Kontraste und erzeugen ein Spannungsfeld. Farbe als Rausch oder Ereignis läge als erster Eindruck auf der Hand, wären diese Worte nicht so schrecklich abgedroschen. Doch wenn das satte Blau plötzlich im lauernden Rot verloren geht, dann wissen die Nervenbahnen, dass hier ein Rhythmus pulsiert, der nicht alleine von der Farbe herrührt. Denn Ruth Kohler gelingt es, den Augenblick einzufangen, ihn intuitiv zu reflektieren und ihn gleichzeitig wieder laufen zu lassen. So rufen ihre Bilder zum Dialog auf, dazu, Kontakt aufzunehmen mit Empfindungen, Wahrnehmungen und eigenen Entdeckungen. Falsch liegt dabei nur, wer sich schleunigst wieder verabschiedet. Wer indes die Einladung annimmt, wer sich auf das Spiel mit der Wahrnehmung einlässt, dem offenbart sich eine weniger meditative denn bewusstseinserweiternde Wirkung. Ein Festmahl für die Sinne, reichhaltig, vielseitig, zubereitet mit Können und Fingerspitzengefühl. Bilder wie pulsierende Abbilder von Erlebtem als steter Anfang der Zukunft, und Bilder von den Bedingungen, unter denen das Leben die Dichtung diktiert. Farbe, Ausdruck, ja, die Malerei an sich mag das Prinzip sein, der Rest ist Poesie. Ein wahres Augenglück.

© Jóhanna Sigurðardóttir M.A.